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Ein größeres Problem

Umweltschutz

Umweltschutz

Die Sache mit dem Müll

Von allen Unzulänglichkeiten Tunesiens fällt diese allen Besuchern zuerst auf und ist neben den „nervigen Händlern“ der am häufigsten genannte Kritikpunkt in zahlreichen Reiseforen und Hotel-Bewertungsportalen.

In der Tat entwickelt sich ein Umweltbewusstsein in Tunesien nur sehr sehr langsam.

Die offenbar unvermeidlichen Plastiktüten, Getränkedosen, Zigarettenkippen, Bauschutt, Essenreste, Fensterrahmen, Reifen, Schrott und vieles mehr findet man eigentlich auf jeder größeren freien Fläche, in jedem Straßengraben, an jedem Strand, in jedem Fluss. Zu allem Überfluss werden größere Müllansammlungen dann auch ganz gerne einmal angezündet.

Auch bis an die feinen Näschen der europäischen Touristen fliegt dieser Geruch bei ungünstigem Wind, denn in der Tat befinden sich solche privaten Müllverbrennungsanlagen bei genauerem Hinsehen fast überall.

Dieses Verhalten ist u.a. der regional sehr schlecht organisierten öffentlichen Müllentsorgung geschuldet.

Leider werden nur etwa 4% des anfallenden Mülls von 2,7 Millionenn Tonnen recycelt (zum Vergleich in Deutschland ca. 48% von 51 Millionen Tonnen)*. 

Wenn es regnet, ergießen sich Millionen Liter Müllsuppe in das Mittelmeer. Ein trüb-brauner Teppich treibt dann tagelang vor der Küste und der Müll gelangt von dort wieder an die Strände.


Einen echten Erfolg verbucht Tunesien beim Verbot von Plastiktüten. Nicht bologisch abbaubare Tüten werden seit März 2018 sukzessive verbannt.

Mit ausländischer Hilfe wurden diverse Projekte zum Thema Müllentsorgung/Recycling aber auch Müllverwertung angeschoben.

 

„Labib“, ein stilisierter Wüstenfuchs, wirbt seit mehr als 20 Jahren für den Schutz der Umwelt in Tunesien.

Es wurde z.B. Ein Pfand-System für Plastik Müll eingeführt (150 TDN für eine Tonne Plastik), Sammelbehälter für die Entsorgung zumindest einiger der 700 Millionen Plastikflaschen pro Jahr wurden aufgestellt.

Die beste Unterstützung nützt jedoch nichts, wenn sich die Bevölkerung nicht mitziehen lässt.

Leider nehmen viele Tunesier ihre eigene Verantwortung noch nicht wahr und viele gut gemeinte Projekt, wie z.B. Müllsammelaktionen verlaufen im Sande.

Seit 2017 gibt es in Tunesien eine eigene Umweltpolizei. Ein echter Erfolg dieser Institution ist leider momentan noch nicht erkennbar. Dennoch zeigen die Polizisten unermüdlich Präsenz, z.B. gerade aktuell im Sommer 2022 mit einer eigenen Anlaufstelle am Strand von Sousse.

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recyclebare Plastiktüte aus einem tunesischen Supermarkt

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einer von tausenden illegalen Müllabladeplätzen

Fracking, Bodenerosion, Küstenschutz & Co

Fracking, Bodenerosion, Küstenschutz & Co

Aber nicht nur im Kleinen, sondern auch im Großen z.B. bei Industrieabfällen, Küstenschutz, Abgasen, CO²-Ausstoß, Versandung, Umweltverschmutzung beim Abbau von Bodenschätzen und Bodenerosion hat Tunesien noch einigen Nachholbedarf.

Die tunesische Regierung erachtet das so genannte “Fracking” als eine Möglichkeit der Energiegewinnung an (Informationsblatt).

Bis heute wird in Tunesien kaum Müll verwertet, und das, obwohl sich damit auch Energie gewinnen und Geld verdienen ließe. Abwasser aus Industrieanlagen und Landwirtschaft gelang nach wie vor ungeklärt ins Meer.

Der Golf von Gabés sei klinisch tot dank der chemischen Industrie, die dort direkt am Meer liegt. Einer der schlimmsten Umweltskandale am Mittelmeer hat seinen Ursprung in der als idyllisch umworbenen Oasenstadt.

Aber Tunesiens erste Meerwasserentsalzungsanlage nahm 2019 ihren Dienst auf.

Seit dem Jahr 2017 ist Umweltverschmutzung ein Straftatbestand in Tunesien. Dieser kann mit Geldstrafen bis 1000 TND oder sogar Haft geahndet werden.
Für die Überwachung wird sogar eine eigene
Umweltpolizei eingesetzt.

Phosphatabbau bei Metlaoui
Phosphatabbau bei Metlaoui
staudamm

Staudamm Sidi El Barrak in der Nähe von Nefza

* die Daten auf dieser Seite entstammen dem CIA-WorldFactbook und der Publikation „Politique de l’eau en Tunisie: Réalisations et inquiétudes„)

Wassermangel

Tunesien verfügt über 4,61 Millliarden Kubikmetern an potentiellen Wasserressourcen, davon entfallen ca. 35% Grundwasser.
Allein die Landwirtschaft entfallen knapp 80% des Wasserverbrauchs in Tunesien.
Tatsächlich wird insgesamt mehr Wasser entnommen, als zur Verfügung steht, was dazu führt, dass den Tunesiern schlicht das Wasser ausgeht.
Es wird geschätzt, dass die Vorräte an fossilem Grundwasser etwa im Jahr 2030 aufgebraucht sind.
Schon jetzt gehört das Land zu den wasserärmsten Staaten der Welt.

Ursache dafür ist u.a. die Geografie des Landes mit nur 20% Landfläche*, auf die überhaupt signifikante Niederschläge fallen.

Aber auch ein veraltetes Leitungssystem mit hohen Transportverlusten, mangelnde Aufbereitung des Abwassers und illegale Brunnenbauten verschärfen den Mangel.

Die nicht optimierte Bewässerung in der Landwirtschaft ist jedoch das größte Problem und bietet das größte Einsparpotential z.B. durch Tröpfchenbewässerung.

Der Verlust einzudämmen und die Ressourcen zu schonen z.B. durch den Einsatz von Meerwasserentsalzungsanlagen ist eine riesige Aufgabe. Auch hierbei wird Tunesien von Entwicklungshilfeprogrammen aus dem Ausland unterstützt.

* die Daten auf dieser Seite entstammen dem CIA-WorldFactbook und der Publikation „Politique de l’eau en Tunisie: Réalisations et inquiétudes„)