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Die Tunesier

Alles über die Menschen

Alles über die Menschen

Sousse am Abend
Mechmoum-Verkäufer

DEN Tunesier gibt es natürlich nicht, dennoch möchte ich einige von den Eigenschaften benennen, die Tunesier in meinen Augen vom gemeinen Mitteleuropäer unterscheidet.
Natürlich kann ich hier nur meine eigenen Beobachtungen und Erfahrungen wiedergeben. Falls sich jemand durch meine Äußerungen ernsthaft verletzt fühlt, so entschuldige ich mich an dieser Stelle dafür.

Die Tunesier sind ein sehr stolzes Volk. Das kann natürlich positiv wie negativ sein. Schnell hat man jemandes „Ehre“ verletzt und es kommt zu lautstarken Auseinandersetzungen.
Genauso schnell ist aber auch jeder Tunesier bereit, dem geneigten Zuhörer geduldig und freundlich und nicht ohne stolzgeschwellte Brust Auskunft über Land, Leute und Sprache zu erteilen.

 

Tunesier können (mit europäischem Maß gemessen) unglaublich langsam sein. Wann immer etwas getan werden MUSS, ist es vorbei mit dem heißblütigen Temperament. „Fünf arabische Minuten“ sind ein Synonym für „das kann dauern“. Manchmal muss dem Tunesier der hektische Ausländer wie ein Außerirdischer vorkommen.

 

In Tunesien gibt es die schönsten Frauen, behaupten die Tunesier, und vielleicht stimmt das auch. Unter den Tunesiern gibt es in der Tat recht viele gut aussehende Menschen. Vielleicht liegt es daran, dass das tunesische Volk ein bunter Mix aller möglicher Kulturen und Völker ist, die dieses Land im Laufe der Jahrhunderte mehr oder weniger freiwillig als ihre Heimat bezeichnet haben.
Aber Geschmäcker sind eben verschieden. Wer blonde Haare und strahlend blaue Augen schön findet, hat in Tunesien natürlich nicht so viel zu schauen 😉

 

Die tunesischen Männer haben bei uns keinen guten Ruf.  Das liegt unter anderen an Erfahrungen mit lautstarken Machos, die durch ihre überbordenden Egos auffallenden.
Die aber kommen in Tunesien ironischerweise gar nicht so häufig vor, wie man glaubt.
Natürlich gibt es sie, die jungen Männer, die sich, vor allem in Gruppen, immer wieder beweisen müssen, wer der tollste Hecht im Teich ist. Dabei überschreiten sie auch nicht selten die Grenzen des guten Anstands.
Absolut überwiegend aber ist die Zahl der freundlichen und hilfsbereiten Männer. Gerade ältere Exemplare sind ausgesprochen höflich.

 

Wenn ein Tunesier arbeitet, gibt es mit Sicherheit mindestens drei herumstehende Zuschauer um den Arbeiter oder sich selbst bei Laune zu halten.

 

Tunesier sprechen mit den Händen. Beobachte kommunizierende Landsmänner/-frauen und du wirst feststellen, dass verschiedene Gesten immer wieder vorkommen. So gibt es z.B. die halb geöffnete rechte Hand, die kurz  geschwungen „Was?“ bedeutet. Oder alle Finger (an der Spitze zusammen) nach oben zeigend und Hand vor dem Oberkörper rauf und runter bewegen heißt :“langsam, langsam“ oder „bitte, höre zu“.

Der Tunesier ist sehr neugierig und redselig. Was uns vorkommt wie lästiger Small-Talk ist den meisten Fällen echtes Interesse an der anderen Person.
Leider ist damit zu rechnen, dass das Erzählte umgehend weiter getragen wird, so dass man mitunter sehr aufpassen muss, was man sagt. Viele Tunesier sind nämlich auch unglaubliche “Klatschmäuler”.
Mehr oder weniger offen zur Schau gestellter Neid und/oder Missgunst sind leider ebenfalls nicht selten.

Viele Tunesier sind sehr kinderlieb. Für manches ausländische Kind ist diese überschwängliche Bereitschaft Kinder zu knuddeln und zu herzen schon ziemlich befremdlich. Wo auch immer man mit einem Kind in Tunesien ist, wird der kleine Mensch wie ein König behandelt. Überall bekommen Kinder etwas geschenkt, zugesteckt und ihre Wünsche werden jederzeit erfüllt.

Die meisten Tunesier haben ein Faible für Musik und können unglaublich gut tanzen. Es ist daher mitunter eine echte Augenweide, den Söhnen und Töchtern des Landes dabei zuzusehen, wie sie sich dem Klang der wunderbaren orientalischen Musik hingeben.

Tunesien hat ca. 11 Millionen Einwohner. Lass dich sich also nicht von den paar Dutzend Händlern täuschen, die dir lautstark, schmeichelnd, beleidigend, angeberisch und sogar obszön auf die Nerven gehen. Schließlich wollen diese auch „nur“ Geld verdienen.

Und für all diejenigen, die wegen der Fakten hier sind:

Die große Mehrheit der Tunesier (98 %) identifiziert sich kulturell mit den Arabern, wenngleich Studien belegen, dass sie aus ethnischer Sicht den Berbern und auch den Iberern näher stehen, während der genetische Anteil der Araber, die die Region im 7. und 8. Jahrhundert besiedelten, geringer ausfällt.
Unter den Zivilisationen, die das Gebiet des heutigen Tunesiens besiedelt haben und die zu jeweils unterschiedlichen Graden assimiliert wurden, sind die Phönizier, die Römer, die aus Germanien kommenden Vandalen, die Ottomanen und zuletzt die Franzosen. Dazu kamen im 15. Jahrhundert zahlreiche Mauren und Juden aus Andalusien.
Die berberische Sprache und Kultur ist nur in einigen geographisch isolierten Gebieten in den Bergen nahe Matmata, Tataouine, Gafsa oder Sbeitla erhalten geblieben.
Anders als in Marokko oder Algerien, wo die Berber eine ethnische Minderheit darstellen, ist ihre Zahl in Tunesien eher gering.

25 % der Bevölkerung sind unter 14 Jahre alt und 69,9 % der Bevölkerung lebt in den Städten. Die Lebenserwartung liegt bei 76,57 Jahren. Jede Frau schenkt durchschnittlich 2,03 Kindern das Leben (2021 erw.).

(Quelle: Wikipedia / CIA World Factbook).

Sitten und Gebräuche

Begrüßung

Zur Begrüßung wird immer nur die rechte Hand gegeben, die linke Hand gilt im Islam als „unrein“.

Unter guten Bekannten/Freunden wird sich mit Kuss auf die Wange begrüßt. Bezüglich der Anzahl der Küsse auf jeder Seite gibt es unterschiedliche Auffassungen, bzw. das hängt auch davon ab, wie gut man den anderen kennt (mir sagte mal jemand „wir sind hier in Tunesien, da gibt man insgesamt 4 Küsse“).

Die Begrüßungsfloskeln findest du in meinem kleinen Arabisch- Wörterbuch. Es werden dem Alter nach (absteigend) zuerst die Männer begrüßt und dann die Frauen.

Kleidung

Man muss nicht einmal besonders aufmerksam sein um den Unterschied zwischen europäischen und tunesischen Bekleidungsgewohnheiten zu bemerken. Selbst bei sehr hohen Temperaturen kleiden sich die meisten Tunesier nicht allzu freizügig. Gerade jüngere Menschen bevorzugen zwar legere Kleidung wie Jeans und Flip-Flops, aber die älteren Tunesier und -natürlich- die meisten Frauen sind oft sehr akkurat gewandet.
Hemd, Sakko und Hose mit Bügelfalte sind bei den Männern keine Seltenheit, selbst wenn sie verschlissen sind, also die Kleidung meine ich 😉 .
Es gibt ein Kleidungsstück, das bei tunesischen Männern sehr oft vorkommt und zwar der Arbeitskittel. Braun, blau oder grün, die Naturfarben dominieren bei dieser Bemäntelung und die Träger wirken immer seeeehr beschäftigt. 

Zugenommen hat in den letzten Jahren die Zahl der Menschen, die mit ihrer Kleidung ihren islamischen Glauben zum Ausdruck bringen wollen. Das betrifft sowohl Männer als auch Frauen. Die häufigste Verschleierungsform bei den Frauen ist der Hidjab (ein farbiges Kopftuch, das

Haare, Ohren, Hals und Schultern bedeckt).  Der Niqab (schwarzer Gesichtssschleier, der nur die Augen freilässt) wird immer zusammen mit der Abaya (weites, dunkles oder schwarzes Überkleid) getragen.

Diese Art der Vollverschleierung ist in Tunesien zwar nicht offiziell verboten, wird aber von der Staatsmacht wegen der möglichen Terrorgefahr nicht gern gesehen.

Auch wenn es oft so scheint, aber die Tunesier sind deshalb nicht angetan von dem Bekleidungsstil mancher Besucher, die Angestellten eines Hotels können sich nur nicht wehren.

Oben-ohne am Strand ist wirklich absolut unerwünscht und daher ein Tabu. Kurze, knappe und „aufreizende“ Kleidung trägst du am besten, wenn überhaupt, nur auf dem Hotelgelände.

Angemessene Kleidung sollte, ob bei Touren durch das Land oder Shopping in der Medina, als Zeichen des Respektes gegenüber den Einheimischen obligatorisch sein.

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Der Wasserschlauch

Die Benutzung einer tunesischen Toilette kann vor allem in privaten Haushalten oder in ländlichen Gegenden für den unwissenden Besucher sehr skurril sein oder jenen in echt hochnotpeinliche Situationen bringen.
Deshalb soll diese Rubrik auf meiner Seite nicht fehlen. 

Im günstigsten Fall (natürlich in den allermeisten Hotels und Restaurants in den Küstenregionen) ist die tunesische Toilette mit einer Wasserspülung und Toilettenpapier ausgestattet.

Manchmal gibt es in den Toiletten jedoch nur einen Wasserschlauch und evtl. noch einen Eimer.

Anwendungshinweise:

Nach dem Geschäft (vor allem dem großen) dient das Wasser aus dem Schlauch der Säuberung der entsprechenden Körperregion. Man nehme den Schlauch in die rechte und säubere sich mit der linken Hand (linke Hand=unrein wir erinnern uns).
Dem ungeübten,
rechtshändigen Europäer mag das einige akrobatische Höchstleistungen abringen, aber keine Angst, niemand kann Sie sehen.
Wenn Sie also lieber die Seiten tauschen wollen, entspricht das zwar nicht den Regeln, ist aber hinterher schöner, als ein nasser Rücken.

Manchmal liegt noch ein Handtuch zum Trocknen der nun nassen Stelle in der Nähe, ich persönlich rate aber von der Benutzung ab.
Nach der Säuberung wird Wasser in den Eimer
gefüllt und damit gespült.
Wenn man Glück hat, besteht nun die Möglichkeit sich die Hände mit Seife zu
waschen.
Wenn man einen schlechten Tag hat, fehlen Eimer, Seife und sogar das Waschbecken.
Für diesen Fall
habe ich keine Lösung, die ich hier schreiben würde ;-).

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Der Wasserschlauch in einem Hotelbad

Geburtstage

Geburtstage werden in Tunesien in der Regel nicht gefeiert. Es kommt vor, dass jemand den genauen Tag seiner Geburt nicht einmal kennt (da dieser z.B. nur nach dem islamischen Kalender notiert wurde). Sei also nicht überrascht, wenn du jemandem gratulierst und diese Person nur verwirrt schaut.

Eine tunesische Hochzeit

Eine Hochzeit ist in Tunesien ein örtliches Großereignis. Es ist der wichtigste Tag im Leben einer Frau, da sie zumindest bei diesen Feierlichkeiten die wichtigste Person ist.
Eine traditionelle Hochzeit wird mehrere Tage lang gefeiert. Die Abläufe und Inhalte der Tage sind von Region zu Region unterschiedlich. 

Für die Braut beginnen die Hochzeitsvorbereitungen oftmals schon Tage und Wochen vor der eigentlichen Feier.
Da weiße Haut ein Schönheitsideal ist, verlässt sie nur noch selten das Haus, um möglichst wenige Sonnenstrahlen an die Haut zu lassen.

Die Hochzeitsfeierlichkeiten beginnen mit dem Hammam-Besuch der Braut und weiblichen Angehörigen der Familie der Braut. Unter allerlei musikalischer Begleitung wird die Braut für die bevorstehende Hochzeit vorbereitet. Sie wird u.a. komplett enthaart (bis auf die Augenbrauen und Kopfhaare) und das erste (von mind. 3x) Henna wird an Händen und Füßen aufgetragen. Diese Prozedur bekommt jedoch nicht nur die Braut selbst, sondern alle weiblichen Begleiterinnen, wobei die Bemalung der Braut natürlich herausragt.
Am nächsten Tag wird das Henna erneut aufgetragen, damit es möglichst dunkel wird.

An diesem oder am folgenden Tag kommen die Brautleute und deren Familien zusammen. Es findet die Übergabe der Geschenke (auch des Bräutigams an die Braut) statt.
Dem Bräutigam und allen anderen Junggesellen in seiner Familie) wird der kleine Fingers mit Henna bemalt (früher wurde als Zeichen der Zusammengehörigkeit die ganze Hand des Bräutigams bemalt).

Am nächsten Tag findet dann die offizielle Vermählung vor dem Standesbeamten statt.
Danach feiert die gesamte Hochzeitsgesellschaft.Unzählige unterschiedliche Rituale begleiten eine solche Hochzeit, die Kinder, Glück, eine langes Leben und eine gute Ehe bringen sollen.Finanziell gesehen ist eine Hochzeit ebenfalls ein Großereignis.
Nicht selten sind Hunderte von Gästen zu beköstigen, es wird ein teures Auto geliehen, ein Fotograf bestellt, Kleider, Anzüge werden gekauft etc.

Einen ausführlichen Bericht zu einer traditionellen Berber-Hochzeit von Regine Lorenz gibt es hier.

Einladungen

Grundsätzlich sind Einladungen ernst gemeint und werden auch ernst genommen, das bedeutet eine Einladung anzunehmen und dann nicht zu erscheinen ist äußerst unhöflich.

Allerdings werden Einladungen gelegentlich auch inflationär ausgesprochen (vor allem in touristisch stark frequentierten Gegenden). Frag lieber noch einmal nach, wenn du unsicher bist.

Die Tunesier sind sehr gastfreundlich und tun alles dafür, damit sich der Gast (natürlich aus der Sicht des Tunesiers) wohl fühlt. Auf jeden Fall sollte man ein Gastgeschenk (mindestens eine Kleinigkeit für die Kinder) mitbringen. Man sollte dem Gastgeber zuliebe seinen Teller leer zu essen (natürlich auf die Gefahr hin, dass immer wieder nachgefüllt wird).
Hoch angesehen sind Gäste, die bezüglich des Schärfegrades des Essens bei den Gastgebern mithalten können .

Mitbringsel

Ob man bei Tunesiern seinen Urlaub verbringt oder nur zum Essen eingeladen ist, Mitbringsel gehören in jedem Fall dazu. Hier eine kleine Auswahl an Präsenten, die bisher gut angekommen sind. Diese sollten natürlich dem Anlass und Geldbeutel entsprechend ausgewählt werden:

  • für Männer: Bekleidung (jeder Art) am liebsten natürlich echte Markenware, W

    erkzeug, Elektronik, Spirituosen (natüüürlich nur zum Tauschen), Parfum

  • für Frauen:  Kosmetika (Duschgel, Shampoo, Schminke, Haarfärbemittel, Parfum etc.), Tücher, Schuhe, Haarschmuck, Süßigkeiten, „Nippes“
  • für Kinder: natürlich Spielzeug, und gaaanz wichtig, (europäische) Schokolade in allen Variationen, Malbücher und -stifte, Haarschmuck für die Mädchen, Aufkleber, Kinder-Tattoos 

Sollte man nichts derartiges zur Hand haben, kommen auch immer die süßen Leckereien aus einer der vielen Patisserien gut an.

Bedürftige

Almosen zu geben ist eine der fünf Säulen des Islam. Geld und/oder Lebensmittel zu spenden ist den Tunesiern deshalb sehr wichtig. Auf den Straßen sieht man zwar nur sehr wenige Bettler, aber die Einheimischen geben augenscheinlich Bedürftigen oft und gern. Das können ein paar Münzen oder aber auch eine Flasche Wasser, Brot oder ein Snack aus einem Imbiss sein. Auf bettelnde (nicht neugierige!) Kinder trifft man sehr selten, da sie grundsätzlich von der Familie mitversorgt werden. Wenn du bettelnde Kinder siehst, ist leider die Chance sehr groß, dass sie Teil einer organisierten Bande sind. Wenn du nicht "nein" sagen kann, solltest du nur kindgerechte Spenden, wie z.B. Süßigkeiten geben.

Jasminsträußchen

Jeder Tunesienbesucher kennt diese unglaublich intensiv duftenden kleinen Sträuße. Sie sind für ca. 1 Tunesischen Dinar (TND) an fast jeder Straßenecke zu haben. Die kleinen Gebinde sind Dekoration, Schmuck, Duftbaum und Glücksbringer gleichermaßen.
Hinter dem rechten Ohr getragen zeigen sie, dass der (männliche) Träger verheiratet ist, hinter dem linken bedeutet der Träger ist noch zu haben. Frauen können die zu Ketten verarbeiteten Blüten um den Hals tragen. 
Leider verwelken sie unglaublich schnell.

Bei den Blüten handelt es sich nicht ausschließlich um Jasmin, es werden auch Orangenblüten verarbeitet. In Tunesien heißen die Sträuße Mechmoum oder auch Fell/Fill. 

Ich kann nur jedem empfehlen, mindestens einmal während des Urlaubes ein solch filigranes Sträußchen zu erwerben. Diesen Duft vergisst man nie!

Das Sträußchen ist auch Teil des Logos von „Mein Tunesien“ 😉

 

Handeln/Feilschen

Beim richtigen Handeln dauert der Kauf einer Ware mitunter eine Stunde und mehrere Gläser Tee und wird abgeschlossen mit dem Versprechen, auf jeden Fall wieder vorbei zu kommen. Handeln ist überall erlaubt, z.B. auch beim Taxi/Louage-Fahren oder sogar bei Touristen-Angeboten wie Kamelreiten, Piratenschiff usw. 

Zwischenmenschliches

Paare sollten den allzu intensiven Körperkontakt in der Öffentlichkeit nach Möglichkeit unterlassen. Küssen, Streicheln und Liebkosungen sind Privatangelegenheiten und sind daher nicht wirklich gern gesehen.

 

Händchenhalten ist gerade für die tunesische Jugend die einzige Möglichkeit in der Öffentlichkeit Zuneigung zu bekunden und sollte daher auch als Maßstab für Besucher gelten. Manchmal sieht man auch junge Männer Hand in Hand gehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Männer homosexuell sind, sondern nur, dass sie eine sehr enge Freundschaft verbindet.

 

Die männlichen Tunesier sind die Weltmeister des Flirts. Um eine Frau für sich zu gewinnen oder mindestens beeindruckt zu haben, werden eine Reihe von heimlichen oder offensichtlichen Annäherungsversuchen gestartet.
Augenkontakt, ein Lächeln, blumige Komplimente, kleine Liebesbotschaften in Zettelchenformat, ein gesungenes Lied, kleine Geschenke, SMS in vollendet lyrischer Form, ein Tanz… eben all das, was fast jede Frau irgendwann schwach werden lässt.

 

Allerdings ist man als Frau auch häufig weniger schönen Annäherungsversuchen ausgesetzt. Pfiffe, obszöne Gesten oder plumpe Anmachen werden am besten mit Ignoranz oder einem deutlichen „Nein“ beantwortet.
Wenn Frau sich allerdings ernsthaft in einen Tunesier verliebt hat, kann es wichtig sein, schon einmal etwas von Bezness gehört zu haben. Mehr über nervige Anmachen und Bezness kannst du hier nachlesen.

 

Männliche Besucher Tunesiens sollten es besser nicht auf einen Flirt mit einer Tunesierin anlegen. Zu groß sind die gesellschaftlichen Verpflichtungen vor allem der jungen Frauen. Sie werden in der Regel sehr streng „bewacht“.
Beziehungen zwischen männlichen Europäern und Tunesierinnen sind daher in der Regel sehr selten.

 

Das Ausleben von Homosexualität steht in Tunesien unter Strafe! Gleichgeschlechtliche Paare sollten deshalb auf allzu engen Körperkontakt verzichten. Mehr dazu findest du hier.

Konsum vom Fleisch

Es ist Sitte in Tunesien, dass der Metzger als Zeichen seines Fleischangebotes den Kopf des geschlachteten Tieres vor die Ladentür hängt. Makabererweise werden dem jeweiligen Kopf manchmal noch ein paar Büschel Gras oder Petersilie ins Maul gelegt.

 

Für den empfindlichen europäischen Besucher ein sehr befremdlicher Anblick. Durch die Einführung von Kühlgeräten und der damit verbundenen längeren Haltbarkeit des Fleisches ist diese Sitte jedoch ein Auslaufmodell.

An den Straßen Tunesiens gibt es, vor allem Richtung Süden, sehr häufig Grillstände. Diese werden vor allem von Fernfahrern frequentiert. Die frisch geschlachteten Ziegen oder Schafe hängen dort direkt neben dem Grill. Das dient nicht nur der Werbung, sondern so kann sich der Kunde auch direkt sein Wunschstück aussuchen.

Grillstation an einer Fernstraße

Ehe und Familie

Wie in den meisten arabischen Ländern besitzt die Familie auch in Tunesien einen sehr hohen Stellenwert. Die Familien sind sehr stark hierarchisch strukturiert.

Das Familienoberhaupt ist stets der Vater, und das Zeit seines Lebens. Wenn der Vater verstirbt, hat die Mutter das uneingeschränkte Sagen in der Familie, in sehr konservativen Familien der älteste Sohn. Danach die jüngeren Söhne und erst dann die Schwestern und am Schluss die Ehefrauen der Söhne, die in der Regel nach der Hochzeit zu den Schwiegereltern ziehen.
Der Zusammenhalt in der Familie ist sehr stark und hilft so, mit den kleinen oder großen Problemen des Alltags fertig zu werden. Größere Anschaffungen werden nur in Absprache mit der Familie getätigt.Wenn jemand Hilfe braucht, ist die gesamte Familie zur Stelle um kluge oder weniger kluge Ratschläge zu erteilen.

Feste feiert man mit der gesamten Familie und wenn jemand ohne Einkommen ist, wird er von der Familie versorgt.

Allerdings hat so eine große Familie natürlich auch Nachteile: es scheint keinen Ort zu geben, an dem man allein ist, derjenige, der Geld verdient, muss man von dem spärlichen Einkommen alle Familienmitglieder mitversorgen und Entscheidungen können selten allein getroffen werden.
Auf Frauen wird besonders „aufgepasst“. Es gibt Familien, in denen die weiblichen Mitglieder das Haus nicht ohne männliche Begleitung verlassen dürfen.

Der Trend zur kleineren Familie ist jedoch gerade in der größeren Städten erkennbar. Junge Familien leben in eigenen Wohnungen oder Häusern und entziehen sich damit dem Einfluss der Eltern und Großeltern.
Es werden weniger Kinder geboren, da viele junge, gut ausgebildete Frauen auf den Arbeitsmarkt drängen. Das Bevölkerungswachstum in Tunesien liegt bei jährlich „nur noch“ 2,4 %.

Auch in Tunesien ist die Gesellschaft einen stetem Wandel unterworfen, wobei die Entwicklung abseits touristischer Pfade auf dem Land natürlich wesentlich langsamer voranschreitet, bzw. zur Zeit sogar eher rückläufig ist. 

Die Ehe wird in Tunesien in einem zivilen Akt vor dem Standesbeamten geschlossen. Dabei geht es in den meisten Fällen eher nüchtern zu. Nach dem Unterzeichnen der Papiere und die Übergabe des symbolischen Dinars als Morgengabe ist der offizielle Teil der Hochzeit schon vorbei.
Nach der Hochzeit zieht die junge Braut in der Regel bei den Schwiegereltern ein. Dem geht meistens ein recht tränenreicher Abschied von den Eltern und Geschwistern voraus. Die tunesische Ehe zu beschreiben ist nicht einfach, zumal diese sich mit den Zuwachs der Rechte der Frauen (und auch deren Inanspruchnahme) stetig verändert.

 

Man kann natürlich nicht von DER tunesischen Ehe sprechen. Ich versuche mich daher in der heute noch überwiegend auf dem Land vorkommenden Rollenverteilung.

Die Frau hat das Zepter zu Hause in der Hand, kümmert sich um die Kinder, die Schwiegereltern und besorgt den Haushalt. Ein tunesischer Haushalt ist oft sehr aufwendig zu führen, in die Hausarbeit eingebunden sind natrlich überwiegend die Töchter.

 

Für eine Erziehung im westlichen Sinne bleibt, besonders in Großfamilien, in der Regel keine Zeit. Die Kinder sind (sofern sie nicht in irgendeiner Art helfen können oder müssen) sich selbst oder Geschwistern und Tanten überlassen.

Das Leben als Ehefrau ist sehr arbeitsreich auch ohne einer bezahlten Beschäftigung nachzugehen. Dennoch ist die Ehe für die meisten jungen Tunesier sehr erstrebenswert, hat man doch erst dann einen akzeptablen sozialen Status inne.

Die Zahl der alleinerziehenden, unverheiratete Mütter ist vergleichsweise sehr gering. Anders als z.B. Witwen, die häufig schnell wieder heiraten, sind ledige Mütter gesellschaftlich noch nicht akzeptiert.

Der Mann ist das Oberhaupt der Familie. Ihm von Kindesbeinen an mehr Freizeit gestattet, als seinen Schwestern, er konnte beobachten wie das Wort seiner Mutter weniger Gewicht hatte, als das des Vaters. Seine Schwestern wurden öfter getadelt und mussten mehr arbeiten als er.

Der Mann ist überwiegend außer Haus. Entweder um Geld zu verdienen, sich in einem der zahlreichen Cafés dem alltäglichen Palaver hinzugeben,  um einzukaufen oder sich einer anderen „wichtigen“ Sache zu widmen.

Auch ein arbeitsloser Mann würde nicht auf die Idee kommen, seiner Frau im Haushalt zu helfen

Die Scheidung ist in Tunesien, anders als in Ländern, in denen die Scharia gilt, auch für den Mann nur vor einem Gericht möglich. Sie kann von beiden Ehepartnern eingereicht werden. Es existiert ein Unterhaltsrecht und auch ein Erbrecht (beides sorgt für eine wirtschaftliche Absicherung nach der Scheidung, bzw. dem Ableben des Mannes).

Ältere Kinder werden nach der Scheidung in der Regel dem Mann, bzw. der Familie des Mannes zugesprochen. Die Vielehe (Polygamie) ist in Tunesien seit 1956 verboten. Die Arrangieren von Ehen ist (zumindest offiziell) verboten, das Mindestalter für die Heirat liegt bei Männern bei 20 Jahren und Frauen müssen mindestens 17 Jahre alt sein.

Ausschließlich islamisch geschlossene Ehen sind in Tunesien verboten, rechtsgültig ist nur eine staatlich geschlossene Ehe mit Ehevertrag.

Seit September 2017 dürfen auch die tunesischen Frauen Nichtmuslime heiraten, was ein absolutes Novum in allen islamischen Ländern ist.

Bildung

Bildungssystem

Die Aufwendungen Tunesiens für die Bildung im Lande lag 2015 bei 6,6 % des Bruttoinlandsproduktes (Deutschland 2020: 4,8 %! des BIP). Die Alphabetisierungsrate in Tunesien betrug im Jahr 2020 bei den Erwachsenen (15 Jahre und älter) 81,8%.

91% der Kinder schließen die Primärschule ab. 71% aller Kinder besuchen anschließend die Sekundarschule. Das Studium beginnen 30% der Jugendlichen in der entsprechenden Altersgruppe.

Mehr als die Hälfte der Studenten an den Hochschulen des Landes sind Mädchen (53 % im Jahr 2011).

Die Arbeitslosenquote unter den Jugendlichen ist sehr hoch (> 35%), obwohl viele junge Menschen einen Universitätsabschluss vorweisen können.

(Quellen: Statistisches Bundesamt, CIA World Factbook, Weltbank)

Kindergärten

Bedingt durch die familiären Strukturen in Tunesien ist der Bedarf an Kindergärten/Kindertagesstätten bislang nicht sehr groß. Diese Art der Kinderbetreuung entwickelt sich in Tunesien deshalb nur langsam.

Es gibt vier SOS-Kinderdorf-Einrichtungen und diverse private Kindergärten. Eine Liste findest du hier.

Studium

In Tunesien gibt es 12 große Universitäten, diverse „Higher Institutes of Technological Studies“ und eine staatlich anerkannte virtuelle Universität.

Eine Übersicht über alle staatlichen Einrichtungen gibt es hier .

Um dem Andrang der Studenten Herr zu werden, sind inzwischen auch zahlreiche private Universitäten und Einrichtungen zugelassen worden. Eine Übersicht im pdf-Format kann man sich hier herunterladen.

Primärschule (école primaire)  Klasse 1-6

Die Kinder werden mit 6 Jahren eingeschult (in Tunesien besteht Schulpflicht) und werden einheitlich (d.h. keine Trennung in Haupt-, Realschule oder Gymnasium) unterrichtet. Offizielle Unterrichtssprache ist arabisch, französisch wird ab der 3. Klasse gelehrt.

Primärschule (école préparatoire) Klasse 7-9

Am Ende der 9. Klasse erhalten die Schüler nach bestandenen Prüfungen das „Diplôme de Fin d’Etudes de l’Enseignement de Base“ (vergleichbar mit dem deutschen Haupt- bzw. Realschulschulabschluss) und qualifizieren sich damit für die Sekundarschule.

Sekundarschule (école secondaire) Klasse 10-13

In der 10. und 11. Klasse werden die Schüler noch gemeinsam unterrichtet. Ab der 12. Klasse können sich die Jungen und Mädchen auf verschiedene Fachgebiete spezialisieren, in welchen sie auch das „Baccalauréat“ (Abitur) ablegen. Das Niveau des Abiturs in Tunesien ist sehr hoch. Alle 2 Jahre werden bis zum Abschluss Prüfungen durchgeführt. Wiederholungen sind dabei nur einmal zugelassen. Die Durchfallquote ist daher ebenfalls sehr hoch.

Sekundarschule (école secondaire) Klasse 10-13

Die teilbetriebliche Berufsausbildung ähnlich wie in Deutschland entwickelt sich in Tunesien nur langsam. Bisher erfolgt der überwiegende Teil der Berufsausbildung in den ca. 130 über das gesamte Land verteilten Berufsbildungszentren. In diesen wird das gesamte Spektrum der Berufe in Tunesien abgedeckt. Üblich sind 3 verschiedene Abschlüsse:

  • CAP: (Certificat d’aptitude professionnelle) – vergleichbar mit dem deutschen Gesellen, Dauer   ca. 18 Monate
  • BTP: (Brevet de technicien professionnel) – weiterführende Ausbildung, Dauer ca. 2 Jahre
  • BTS: (Brevet de technicien superieur) – Meisterausbildung, Dauer ca. 3 Jahre